Frauen-Ruder-Wanderfahrt nach Lehnin

von RCH Admin
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Im Juni fand das große Wanderrudertreffen in Brandenburg statt. Als ich gefragt wurde, ob ich als Helfer mit dabei sein könne, sagte ich spontan zu. Da ahnte ich noch nicht, dass sich aus dem Einsatz mal eine Wanderfahrt entwickeln würde. Alle Helfer haben sich auf Anhieb super verstanden. Während des Treffens wurde immer wieder übers Rudern gesprochen und so entstand an diesem Wochenende die Idee, eine eigene Wanderfahrt durchzuführen, ohne Männer!

Als ich dann auch gefragt wurde habe ich wieder spontan zugesagt. Als die Ausschreibung hing, dachten wir noch, dass eine größere Gruppe und vielleicht auch mehrere Boote zusammenkommen. Zugesagt haben dann aber doch nur fünf Frauen. Ramona Bernau kümmerte sich um die Planung und organisierte die Unterkunft und auch die Verpflegung.

Am dritten Wochenende im September machte ich mich im Wanderruderboot mit Ramona Bernau, Claudia Harzmann und Birgit Franke auf den Weg nach Lehnin. Susanne Lang war leider krank geworden und konnte uns nicht begleiten. Wir beschlossen, es dennoch zu wagen.

Es ist noch kalt, nur neun Grad. Die Männer hatte geholfen die schwere Odyssee ins Wasser zu bringen. Das Gepäck wurde verstaut, genug Getränke griffbereit gelegt, die Nase eingecremt und die Sonnenbrille aufgesetzt. So starteten wir bei strahlend blauem Himmel in Richtung Sportschleuse. Da war mir schon ein bisschen mulmig, mit einem Ruderboot in die Schleuse!

Aber meine Bedenken waren unbegründet. Ramona steuert uns geübt in die Schleuse und koordiniert alle Handgriffe. Wir haben Glück und sind sogar ganz allein. Der Schleusenwart erhält als Dank für die Durchfahrt ein Schleusenwasser. Ramona weiht uns in diesen Wanderruderbrauch ein!

Bei spiegelglattem Wasser setzen wir die Skulls und sind bei den ersten Kilometern ganz allein auf dem Wasser. Faszinierend diese Ruhe und die langsam herbstlich werdende Natur.

Bei Kilometer 55 machen die Ruder halt. Wir grüßen die Schnapszahl. Auch ein Brauch! Wir lernen dazu!

Nun geht es die Havel hinauf bis zur Emster. Wir biegen in den Kanal ein und kommen uns ein bisschen vor, wie im Dschungel, so dicht steht an manchen Stellen das Schilf bis in die Fahrrinne. Ich beginne meine Unterarme zu spüren, es zieht darin. Ich habe keine Ahnung, ob ich das durchhalten werde.  

Wie Frauen so sind, nutzen wir die gemeinsame Zeit im Boot zu intensiven Gesprächen und haben viel zu lachen. Claudia und Birgit dokumentieren die Fahrt und machen viele Fotos mit dem Handy. Vier Frauen im Boot-- sehenswert!

Wir kommen zur Eisenbahnbrücke und halten wieder. Gerade kommt ein Zug. Ramona klärt uns über den nächsten Brauch auf: Fahre nie unter einer Brücke durch, wenn gerade ein Zug darauf rollt!

Wieder was gelernt!

Weiter geht´s. Das Wasser ist immer noch ruhig, aber die Sonne wird jetzt immer wärmer und ich merke, dass Rudern mich ganz schön fordert! Auf dem Rietzer See staunen wir über die gelbliche Farbe des Wassers und rümpfen die Nase über den muffigen Geruch. Schnell überqueren wir den See und biegen in den nächsten Abschnitt der Emster ein. Wir machen eine Pause und legen an. Das Boot wird festgemacht und wir packen unser Picknick aus. Beim Aussteigen merke ich jeden Knochen und bin steif. Das hatte ich im Boot gar nicht gespürt. Die Pause tut gut. Nach der Stärkung und dem Kräftesammeln geht es auf die nächste Etappe in Richtung Kloster Lehnin. Birgit übernimmt jetzt das Steuer. Mein Hintern meldet sich und beschwert sich, über die ungewohnte Haltung. Der Blick in die Natur entschädigt. Und immer noch keine Boote auf dem Wasser! Wir erreichen den Netzener See und machen noch eine Pause im Boot. Ramona organisiert telefonisch schon mal den Schlüssel für die Unterkunft.

Am frühen Nachmittag erreichen wir unser Ziel. Ich kann es gar nicht glauben, dass ich tatsächlich durchgehalten habe. Mittlerweile spüre ich sämtliche Muskeln.

Wir entladen unser Boot und beziehen das Quartier. Doppelstockbetten! Kindheitserinnerungen kommen in uns auf. Wir genießen den Nachmittag in der Sonne und beschließen, den Ort zu erkunden und Eis essen zu gehen. Gemütlich schlendern wir durch Lehnin. Die Muskeln entspannen sich wieder.

Beim gemeinsamen Abendessen wird viel geschnackt und gelacht. Nach einer Nacht im Tiefschlaf wird ausgiebig gefrühstückt. Das Vereinsheim ist sehr gut ausgestattet. Ramona hat an Alles gedacht, und ich habe die Marmelade zu Hause stehen gelassen!

Es ist noch kalt und auf dem See ist Nebel. Aber wir haben wieder Glück mit dem Wetter. Die Sonne bahnt sich ihren Weg und es wird schnell warm. In den Beinen und am Po merke ich die ungewohnte Bewegung von gestern noch. Ich fühle mich steif!

Heute ist es deutlich voller auf dem Wasser. Immer wieder neugierige Blicke und freundliches Winken. Wir sind noch zügiger als gestern, Claudia steuert uns. Das Wasser ist auch nicht mehr so ruhig. Wenn wir die Bugwelle der Motorboote durchfahren, dann schwappt Wasser ins Boot.

Wir biegen wieder in den Emster-Kanal ein und müssen Motorbooten, Stand-Up-Paddlern und Flößen ausweichen. Erste Pause ist an einem Wasserrastplatz nahe des NaBu-Aussichtsturms. Gekonnt „parkt“ Ramona mit uns ein und wir gehen Vögel gucken. Leider gab´s nicht so viel zu sehen, aber die Pause tat den Muskeln gut.

Die nächste Pause soll in Klein Kreutz sein. Das ist ein ganzes Stück, mir läuft das Wasser übers Gesicht! Als wir aus dem Kanal auf die Havel biegen wird´s noch voller.

Aber die Pause ist in Sicht. Wir machen Picknick und teilen uns die Wiese mit einer neugierigen Wildgans.

Ich merke deutlich, welche Muskeln ich lange vernachlässigt habe. Durch die alte Havel geht es wieder Richtung kleine Schleuse. Diesmal ist ein Motorboot mit dabei-- noch enger als gestern. Die Skulls machen wir lang, ganz schön kippelig, aber Ramona steuert gelassen.

Die letzte Etappe und ich weiß, dass ich morgen Muskelkater habe. Aber wenigstens keine Blasen an den Händen. Ramonas und Birgits Männer unterstützen uns beim Ausladen. Auch Lars und Kai sind da. Gemeinsam wird das Boot an Land gebracht, geputzt und in der Halle verstaut. Ich bin geschafft, aber auch total entspannt und zufrieden. Ich danke Euch allen, für das gemeinsame Wochenende und die schönen Erinnerungen.

Regina Schmedes